Am 30. Januar 2018 trafen sich die Schüler/innen der Klassen 9pm, 10a und 10b, die nicht mit nach Nürnberg zum „Lernort Staatsregierung“ fuhren, um ein fächerübergreifendes Projekt der Fächer Geschichte und Sozialkunde zum Thema „Wiederaufbereitungsanlage Wackersdorf – eine Region wehrt sich” durchzuführen. Die WAA Wackersdorf sollte gebaut werden, um abgebrannte Kernstäbe aufzuarbeiten. Allerdings wehrte sich die Bevölkerung mit zahlreichen Massendemonstrationen gegen den Bau der WAA, zum einen, weil viele Bürger nach der Kernkraftwerkskatastrophe im ukrainischen Tschernobyl 1986 Atomenergie grundsätzlich ablehnten, zum anderen, weil die Aufarbeitung abgebrannter Kernstäbe wesentlich teurer gewesen wäre als deren Endlagerung und weil mit dem Bau der WAA ein umfangreiches Waldgebiet zerstört worden wäre. Schlussendlich wurde der Bau der Anlage am 30. Mai 1989 aber aufgrund der kaufmännischen Überlegung der deutschen Energiewirtschaft, dass eine Zwischenlagerung der abgebrannten Brennelemente im französischen La Hague wesentlich kostengünstiger als der Bau der WAA Wackersdorf sei, eingestellt, nicht aufgrund der Antiatomkraftbewegung.
Eingeteilt in mehrere Arbeitsgruppen setzten wir uns intensiv mit verschiedenen Gesichtspunkten der Protestbewegung gegen die WAA auseinander. Nachdem wir Informationen zu unserem jeweiligen Themenbereich recherchiert hatten, gestalteten wir hierzu Plakate, bereiteten Kurzreferate für die nächste Geschichts- bzw. Sozialkundestunde vor und sammelten auch Fragen für das für den Nachmittag geplante Treffen mit dem damaligen Landrat Hans Schuierer. Darüber hinaus wertete eine Gruppe die Fragebögen aus, welche unsere Eltern und Großeltern als Zeitzeugen der Protestbewegung gegen die WAA Wackersdorf ausgefüllt hatten.
Im Anschluss an die Gruppenarbeitsphase und an eine Pause machten wir uns gegen Mittag in Begleitung von Fr. Seiderer, Fr. Bock und Fr. Utz auf den Weg zum Landratsamt, wo wir von Franz Pfeffer, dem Kulturreferenten Schwandorfs, empfangen wurden. Dieser führte uns durch das Landratsamt und erklärte unter anderem, dass allein für das Carl-Friedrich-Gauß- Gymnasium circa 8-9 Millionen Euro im Jahr ausgegeben werden (ungefähr 7% der Gesamtausgaben pro Jahr im Landkreis). Ebenso informierte er uns darüber, dass der Landkreis Schwandorf 145.000 Einwohner habe und ca. 53.000 Arbeitsplätze biete. Des Weiteren zeigte er uns die verschiedenen Aufgabenbereiche des Landratsamtes auf, wie beispielsweise das Jugendamt, die Abfallwirtschaft, das Gesundheitsamt etc.
Anschließend trafen wir uns im Sitzungssaal mit dem zur Zeit der Protestbewegung gegen die WAA Wackersdorf amtierenden Landrat Hans Schuierer und dem Widerstandsaktivisten Wolfgang Nowak. Die beiden Zeitzeugen erzählten von ihren Erfahrungen während der Antiatomkraftbewegung in Wackersdorf. Schuierer berichtete zum Beispiel, dass die Polizeigewalt gegen die Demonstranten damals sehr heftig war und viele Journalisten falsch und subjektiv berichtet hatten. Außerdem nannte Schuierer den Aufstand selbst einen „Bürgerkrieg“. Schuierer, der auf der Seite der Demonstranten stand, durfte im Gegensatz zu seinen Amtskollegen in München, die für die Wiederaufbereitungsanlage waren, keine einzige Unwahrheit sagen, da er dafür, wie er uns erklärte, sofort des Amtes als Landrat enthoben worden wäre. Hans Schuierer stellte am Ende des Gesprächs mit tiefer Überzeugung fest: „Wird Recht zu Unrecht, wird Widerstand zur Pflicht.“
Abschließend kann man sagen, dass der Projekttag ein besonderes Erlebnis war, da wir uns zunächst selbst mit einem interessanten Thema der jüngeren Geschichte unserer Heimat befassten und dann später von Zeitzeugen deren Blickwinkel erfahren konnten.
Bericht: Korbinian Dafner