Gemeinsamkeiten verbinden, Unterschiede wecken Interesse… und hinterlassen Eindrücke!
Bericht zum China- Austausch 2013/14
Unter diesem Motto machten wir (das heißt jeweils 10 Schülerinnen und Schüler und eine Begleitlehrkraft des CFG und des Pindl Gymnasiums) uns auf den Weg in das Reich der Mitte – nach China. Wenn wir uns jetzt im Nachhinein unsere über 2000 Bilder ansehen, können wir nicht mit Sicherheit sagen, was dominierte: die Gemeinsamkeiten oder die Unterschiede.
Sicherlich kann ein kurzer Bericht wie dieser den Erlebnissen während des Austausches nicht gerecht werden, dennoch soll ein Versuch gestartet werden, einige Aspekte herauszugreifen und zu schildern.
Das erste Thema soll sich um die Familie drehen. Ja, die chinesischen und die deutschen Eltern haben eines gemeinsam: Sie lieben ihr(e) Kind(er) und wollen für diese(s) nur das Beste. Dazu gehört materieller Wohlstand und, ganz wichtig, höhere Bildung. Die Eltern schuften oftmals sehr hart, um ihren Sprösslingen eben dies zu ermöglichen – auch das ist gleich, hier wie dort. In Bezug auf den Bildungsabschluss gibt es ebenfalls Parallelen – bildungsbewusste chinesische Eltern streben oftmals ein Studium in Europa an, vielleicht vergleichbar mit dem bei uns bereits zum Standard gehörenden Auslands- Unisemester. Wo sich allerdings ein großer Unterschied auftut, ist in der engen Bindung der Jugendlichen an ihr Elternhaus, verbunden mit einer Art Gehorsam gegenüber den Eltern bzw. der Großelterngeneration, die uns oftmals übertrieben erscheint. Die chinesischen Altersgenossen unserer Schüler wirken nicht nur jünger, sie sind auch weitaus unselbständiger und weniger selbstbewusst. Die dadurch entstehende Zurückhaltung täte aber vielleicht dem einen oder anderen Mitteleuropäer dieser Altersgruppe hin und wieder auch ganz gut. Zumindest ein ganz kleines Scheibchen, so sprachen wir deutschen Begleitlehrer manchmal augenzwinkernd, könnten sich doch unsere Herrschaften einmal abschneiden.
Beeindruckend war auch der offensichtliche Ehrgeiz zur Höchstleistung bei den chinesischen Schülern in der Kung-Fu-Schule, aber auch die Präzision der Vorschulmädchen bei der extra für uns inszenierten Vorführung der rhythmischen Sportgymnastik im Kindergarten. Präzision und Körperbeherrschung – Stereotypen, die wir Chinesen zuschreiben.
Die Gesellschaftsstruktur hinterlässt aber auch im schulischen Umfeld bzw. im Verständnis von Pädagogik ihren Abdruck. Lernen im deutschen Umfeld versteht sich als Förderung der Entwicklung von Kompetenzen im Hinblick auf die Entwicklung zum mündigen Erwachsenen. Lernen, so wie wir es in Xiamen erlebten, ist die Förderung des Wissenszuwachses beim Kind oder Jugendlichen. Reproduzierendes Lernen steht im Vordergrund, wobei ein deutlicher Umbruchwille erkennbar ist. So erlebten wir Gruppenarbeiten als Formen kooperativen Lernens sowie PowerPoint-Präsentationen der chinesischen Schüler in einer gemeinsamen Englischstunde, welche an modernsten digitalen Tafeln vorgeführt wurden.
Lassen wir noch einige weitere Aspekte Revue passieren, die uns im schulischen Bereich erstaunten: Pro Klasse gibt es ca. 50 Schülerinnen und Schüler; die Mittel- und Oberschulen haben im Durchschnitt mehr als 2000 Schüler; nach jeder Schulstunde gibt es eine Pause; in den längeren Pausen machen die Schüler auf dem Schulgelände Sport, was mit den Schuluniformen kein Problem ist – es sind Trainingsanzüge. Ein großer Kunstrasen-Fußballplatz, ca. 10 moderne Basketballkörbe, festinstallierte Reckstangen und Barrenholme auf dem Schulgelände sowie Tennis- und Badmintonfelder im Freien ließen mein Sportlehrerherz höher schlagen.
Dann der Morgenapell: Montagmorgen, 2340 Schüler der Hubin-High School stehen 30 Minuten auf dem Sportplatz stramm, die chinesische Flagge wird gehisst, alle Schüler sind still und lauschen den Worten der Redner: Besonders gute Schüler werden gelobt, Regelverletzungen öffentlich angeprangert. Beeindruckend, aber auch befremdlich.
Beim gemeinsamen Fußballmatch und in den gemeinsamen Unterrichtsstunden traten diese Unterschiede jedoch schnell wieder in den Hintergrund, wir gewöhnten uns aneinander, brachten uns gegenseitig traditionelle Tänze bei, lachten und fanden Freunde.
Soviel zu den Beobachtungen während des Austausches an sich. Über die vielen anderen Eindrücke während des Aufenthalts kann man im Rahmen eines solchen Artikels gar nicht adäquat schreiben: Die Essensmärkte, das Leben in den Gastfamilien, das hysterische Geschrei chinesischer Mädchen beim Anblick unserer europäischen Jungs, die atemberaubende Landschaft rund um Xiamen und vieles mehr.
Ganz zu schweigen von dem einwöchigen Aufenthalt in Peking, wo wir unter anderem das Mao-Mausoleum, den Kaiserpalast und die chinesische Mauer besichtigten. Überall erlebten wir Unvergessliches, überall trafen wir herzliche und aufgeschlossene Menschen.
Natürlich, China verändert sich stetig. Mc Donald´s oder Starbucks findet man mittlerweile nahezu überall. Dass dadurch aber das traditionelle China verloren geht, ist zu bezweifeln, zu lang ist die Liste an landestypischen Merkmalen.
Sicherlich nicht weniger lang ist auch die Liste unserer Eindrücke und Erfahrungen während des 14-tägigen Aufenthaltes. Eines steht fest: Jeder von uns kam ein Stück weit verändert und gewachsen in seiner Persönlichkeit zurück nach Deutschland.
StR Benjamin Schmidt (mit Unterstützung von Gerlinde Pernul, Pindl Gymnasium)