Und am Ende standen alle nackt in der Hütte
– Ein Bericht zum Alpencross des P-Seminars 2016 –
von Susanne Suttner, Amanda Scharl und Tobias Faderl für das gesamte P- Seminar
Vom 20. bis 27. Juli 2016 nahmen wir, 17 sportliche Kollegiatinnen und Kollegiaten, die Herausforderung eines Alpencross mit dem Mountainbike auf uns und legten in fünf Tagesetappen die Strecke vom urbayerischen Garmisch-Patenkirchen bis nach Riva am italienischen Gardasee zurück. Der für das Projekt verantwortliche Lehrer StR Benjamin Schmidt legte den größten Teil der Projektumsetzung in unsere Hände, sodass jeder sein persönliches Organisationstalent verbessern konnte.
Da wir zunächst mit einer ausgiebigen Sponsorensuche beschäftigt waren und mit zahlreichen teils sehr begeisterten aber manchmal auch eher weniger überzeugten regionalen sowie überregionalen Institutionen Kontakt aufgenommen hatten, konnte unsere Motivation in dieser Zeit gesteigert werden, was sich auch in unserem Budget bemerkbar machte. Bald hatten wir genug Geld, um einen Großteil der Ausrüstung sowie den Rücktransport von Riva nach Schwandorf finanzieren zu können. Sogar einen VW-Bus als Begleitfahrzeug wurde freundlicherweise vom Autohaus Manz aus Schwarzenfeld zur Verfügung gestellt. Des Weiteren mussten wir unsere wertvolle Freizeit für die Streckenauswahl und Unterkunftssuche sowie gezieltes 1.Hilfe-, Fahrradreparatur- und Fahrtechniktraining opfern.
Natürlich hieß es spätestens sechs Wochen vor dem Tourbeginn für uns alle ackern: Nach einem individuell erstellten Trainingsplan, der bis zum Tourstart streng eingehalten werden musste, strampelten wir einen Kilometer nach dem anderen ab. Zwei Mal in der Woche fuhren wir alle gemeinsam, wohingegen die dritte Ausfahrt am Wochenende in Kleingruppen von den jeweiligen Wohnorten aus unternommen wurde. Und als ob das alles nicht schon genug wäre, wurden wir auch noch dazu verdonnert, zusätzlich ein individuelles Kraft- und Lauftraining zu absolvieren. Jawohl, da brennen die Muskeln!
Am 27. Juli 2016 war es endlich soweit: wir traten hochmotiviert und viel zu früh am Morgen die Reise nach Garmisch an, von wo aus der fünftägige Alpencross am Vormittag sofort mit einem harten Anstieg in Richtung Eibsee begann. Uns tropfte nach kurzer Zeit schon der Schweiß von der Stirn, was unter dem Helm bald für ein unangenehmes Jucken sorgte. Der wunderschöne Panoramablick auf den Eibsee entschädigte zwar das Brennen der Oberschenkel, allerdings war das eiskalte Wasser des Gebirgssees bei den hohen Temperaturen fast noch entspannender. Das anschließende Mittagessen auf einer schnuckeligen Hütte am Gipfel des ersten Berges belohnte unseren knurrenden Magen und sorgte wieder für gute Stimmung innerhalb unserer Gruppe. Die restlichen Meter der ersten Tagesetappe verliefen mit nur noch kleinen Anstiegen durch ein schönes, österreichisches Tal und das erste Nachtquartier in Imst wurde relativ schnell erreicht, wo wir schon bald erschöpft in unsere Kopfkissen sanken.
Im strömenden Regenwetter starteten wir die nächste Etappe. Tapfer traten wir in die Pedale und konnten die Regenfront so schnell hinter uns lassen, sodass das Mittagessen bereits wieder im strahlenden Sonnenschein stattfand. Dank Frau Ferschl im Begleitfahrzeug, die für unsere Brotzeit den halben Supermarkt leergekauft hatte, waren wir bestens versorgt und konnten so die letzten anstrengenden Höhenmeter nach Nauders gestärkt antreten.
Die folgende Etappe über den Reschenpass führte am berühmten Reschensee vorbei, an dem wir die einzige Erinnerung an die ursprüngliche Stadt Reschen, einen gefluteten Kirchturm, bestaunen konnten. Das auf rund 400 zusätzlichen Höhenmetern erreichbare Schloss Reinhold Messners wurde an diesem Tag nur von einem kleinen, tapferen Teil in Augenschein genommen, während sich der andere Part unter der Führung von der zweiten Begleitlehrkraft StR Michael Steiger bereits in die nächste Jugendherberge in Meran aufmachte, wo wir abends zum ersten Mal gemeinsam beim „richtigen“ Italiener dinieren konnten.
Die vorletzte Tour führte über das Gampenjoch ins italienische Tuenno, wo wir von einem wunderschönen Drei-Sterne-Hotel erwartet wurden. Auf der Strecke hätten wir die atemberaubende Aussicht, die aus dem endlos langen 1300-Höhenmeter-am-Stück-Aufstieg hervorgegangen wäre, genießen können – wenn es nicht wie in Strömen geregnet hätte. Auf den letzten Metern der Passstraße und der anschließenden Abfahrt im kühlen Nass kroch die Kälte ungehindert durch unsere Körper, sodass die letzten Meter zum Mittagessen in einer kleinen Hütte mitten im Wald von einem kleinen dankbaren Lächeln begleitet wurden. Dort angekommen kam es zu einem allgemeinen Striptease, da wir alle froh waren, uns der vollkommen durchnässten Kleidung entledigen zu können und vorübergehend trockene Sachen am Leib zu tragen. Die überaus freundliche Bewirtung versüßte uns den Rest des Weges, auf dem schließlich sogar die Sonne wieder zum Vorschein kam.
Vor der letzten Etappe nach Riva mit 89 Kilometern und 2100 Höhenmetern zitterten wir schon Tage vorher, doch es war unvermeidbar: Der letzte Tag des Transalps war gekommen. Trotz Muskelkater und massiven Schmerzen im Gesäß zeigte jeder einzelne auf den letzten anstrengenden Höhenmetern noch einmal sein Durchsetzungsvermögen. Als wir den Gardasee endlich sehen konnten, fuhren sich die letzten Kilometer fast von alleine. Nachdem wir den Einzug in Riva im Hafen gebührend mit Sekt und Crackern gefeiert hatten, ließ auch das – zugegeben eiskalte – Wasser des Sees nicht mehr lange auf sich warten: in einer wilden Wasserschlacht feierten wir unseren sportlichen Erfolg und fielen voller Vorfreude auf die zwei verdienten Urlaubstage in Riva in der örtlichen Jugendherberge ein. Dort schlug die Euphorie aber schnell in blankes Entsetzen um, denn das Nachtquartier für die nächsten drei (!) Nächte hieß: 16-er-Zimmer. Dies entsprach allen 16-er-Zimmer-Klischees: Quietschende Stockbetten ohne eine einzige Sicherung, durch welche die Sich-Umherwälzer vor einem Fall bewahrt werden würden, dreckige Matratzen, eklige Schränke und – das Schlimmste – nur fünf Steckdosen. Yippi, auf in die Schlacht! Doch die zwei Regenerationstage mit Tretbootfahren, Schwimmen, Nightlife und einer Schifferlfahrt nach Malcesine vergingen wie im Flug und, sobald man sich versah, wurde die Unterkunft wieder geräumt. Auf dem Heimweg nach Schwandorf fiel uns allen der Reihe nach die Augen zu, wodurch die Busfahrt nach Hause ziemlich ruhig verlief.
Daheim in Schwandorf überkam uns nach und nach alle der Stolz, das sportliche Ziel erreicht zu haben. Die Alpenüberquerung war für alle Beteiligten sowohl eine sportliche als auch eine mentale Herausforderung, denn ohne den gewissen Ehrgeiz und Kampfgeist ist sogar der trainierteste Körper machtlos. Die täglichen Touren erforderten außerdem viel Teamgeist und gegenseitige Rücksicht, da jeder sein eigenes Tempo fahren sollte, um die jeweilige Route möglichst kraftsparend bewältigen zu können. Natürlich war eine muskelschonende Fahrweise nicht immer möglich, sodass alle schnell merkten, wie sie sich ihre Kräfte einzuteilen haben, um nicht nach Luft ächzend am Ziel anzugelangen. Unser Erste-Hilfe-Team hatte während der Tour glücklicherweise nicht viel zu tun, da es nur zu zwei kleineren Zwischenfällen innerhalb der Gruppe kam.
Der größte Dank gilt sowohl den regionalen Sponsoren, als auch dem zuständigen Seminarleiter StR Benjamin Schmidt, der den Schülerinnen und Schülern das oben beschriebene sportliche Event erstmals ermöglicht hat. Des Weiteren ist auch den begleitenden Lehrkräften StR Michael Steiger und StRin Maria Ferschl zu danken, die das gesamte Team immer tatkräftig unterstützt haben.
Wir, als das P-Seminar Alpencross 2016, sind uns einig: Die gesammelten Erfahrungen, die tollen Erlebnisse und der gemeinsame Erfolg sind unbezahlbar. Wir würden eine Alpenüberquerung jederzeit wieder wagen!