Liebe Festgäste,

unsere Schule wird in diesem Jahr 80 Jahre alt. Ich möchte das „Leben“ unserer Jubilarin deswegen durch einen kurzen Rückblick ehren. Ich orientiere mich dabei vor allem an dem, was man ihr noch ansehen kann, an dem also, was uns die Architektur der Schule heute noch über ihre Lebensgeschichte verrät.

Die architektonische Mischung macht ja gerade den besonderen Charme unserer Schule aus. Falten hat unsere Jubilarin trotz ihrer 80 aber keine. Das verdankt sie sicher vielen Schönheitsoperationen in all den Jahren. Sie ist nicht älter, sie ist nur größer und in jeder Beziehung vielfältiger geworden.

Gründung im Nationalsozialismus

Liebe Festgäste, das Gymnasium Schwandorf ist 1938 gegründet worden. Das 1938 ist in Deutschland aus heutiger Sicht aufgrund des politischen Hintergrunds nicht das allergünstigste Jahr für ein Geburtstagsjubiläum. Und es ist auch etwas überraschend, weil Bildungspolitik nicht gerade das Steckenpferd der Nationalsozialisten war, eher im Gegenteil. Dennoch bestimmte die nationalsozialistische Politik die ersten Jahre der Schule in erheblichem Maß. Die neue „Oberschule“ fand ihr erstes größeres Domizil in den Räumen des Dominikanerinnenklosters, das die kirchlichen Schulen zwangsweise zur Verfügung stellen mussten. Das Weitere ist das übliche Schicksal einer deutschen Schule in dieser Zeit: Denunziation und Abberufung des ersten Schulleiters, Kriegseinsatz der älteren Schüler, gefallene Schüler und Lehrer. Und als dramatischer negativer Höhepunkt: Die Zerstörung der Schule beim schweren Bombenangriff auf Schwandorf am 17. April 1945.

Provisorium der Nachkriegszeit

Unsere Jubilarin hatte also keine besonders glückliche Kindheit. Und auch ihre Jugendjahre waren vom zeitüblichen Mangel und den Provisorien der unmittelbaren Nachkriegszeit geprägt. Seit 1948 immerhin konnte die „Oberrealschule“, wie sie jetzt genannt wird, einen Behelfsbau an der Sandstraße beziehen (Foto 1), nicht sehr liebevoll damals und von den Chronisten „Baracke“ genannt. Diesen Bau gibt es noch, er beherbergt bis heute die – übrigens sehr ansprechend gestaltete – Stadtbibliothek. Die erste Reifeprüfung des Schwandorfer Gymnasiums konnten Schülerinnen und Schüler dort immerhin 1948 ablegen.

Foto 1: Copyright Foto Schwarz
Neubau an der Sandstraße 1953/54

Und dann kam das Jahr 1954. Für unsere Schule war es ein sehr glückliches Jahr. Ich würde es nach der Durchsicht des Archivs fast als das eigentliche Gründungsjahr bezeichnen. Diesen Gedanken möchte ich im Folgenden vor allem erläutern.

Sie sehen auf dem 2. Foto vermutlich den Festakt zur Eröffnung des neuen Gebäudes an der Sandstraße. Auf jeden Fall ist es ein Festakt mit einer anderen Ästhetik als heute. Die deutlich andere Bautechnik erkennen Sie im nächsten Bild (Foto 3).

Endlich hatte man jedenfalls jetzt eine richtige Heimat gefunden. Und das dürfte für die damalige Situation durchaus wörtlich zu verstehen sein. Ein erheblicher Teil der Schüler und Lehrer bestand wie überall in Bayern aus Heimatvertriebenen, also Deutschen vor allem aus Böhmen und Mähren, aber auch aus Schlesien oder dem ehemaligen Ostpreußen.

Dass dieses erste Gebäude eine neue, eine schöne Heimat war, kann man auch aus den vielen liebevollen architektonischen Details entnehmen, die Sie im Gebäudetrakt 1 noch vielfach sehen können: die zeittypischen Schaukästen in Nierenform, die metallenen Geländer, natürlich vor allem die großen Wandgemälde im typischen Stil der Zeit, innen und außen. Wir haben zudem seitdem einen echten Werkraum mit einem sehr handfesten Flair im Keller. Und wir haben einen wunderschönen Musiksaal im 2. Stock, mit einer schönen Fensterfassade und einer einmaligen Akustikdecke, die eine Welle nachbildet. Sehr, sehr schick!

Foto 2: Copyright Foto Schwarz
Foto 3: Aus dem Archiv des CFG
Ich nenne den bleibenden Eindruck dieser Gründungsarchitektur „eingefrorenes Pathos“. Man spürt in den Details die Freude und Begeisterung für den neuen Bau, vielleicht war es für die Zeitgenossen auch so etwas wie eine Wiedergeburt. Ich meine auch die Stimmung eines pädagogischen Aufbruchs zu einer anderen, friedlicheren Zukunft zu erkennen, ein Aufbruch gegen die Gespenster der Vergangenheit – passend übrigens zur Atmosphäre und zur Dynamik der deutschen Wirtschaftswunderjahre.

Den Stolz der Schwandorfer Bauherren verdeutlicht das nächste Foto (Foto 4). Was ist darauf zu erkennen? Es müsste die damals neue, moderne zentrale Heizanlage sein. Sie war für die im Winter in ihrer alten „Baracke“ frierenden Schüler und Lehrer ein enormer Gewinn an Komfort. Und an modernem Lebensgefühl.

Dass Modernität durchaus ein Teil des Selbstverständnisses  der 2. „Gründungsphase“ des Gymnasiums war, zeigt das nächste Foto (Foto 5). Sie sehen hier tatsächlich die Fassade des 1. Gebäudetrakts. Und: Sie sehen hier mehr die Geradlinigkeit der Bauhaus-Architektur als die Schnörkel der 50er-Jahre!

Den Schülerinnen und Schülern des neu gebauten Gymnasiums waren solche Einschätzungen damals vermutlich egal. Die hatten so oder so sichtbar Spaß an ihrer neuen Schule (Foto 6).

Foto 4: Aus dem Archiv des CFG
Foto 5: Copyright Foto Schwarz
Professionalisierung seit den 1960er-Jahren

Was danach kam, ist schneller erzählt: Eine schnelle Vervielfachung der Schülerzahlen, der Bau des 2. Gebäudetrakts 1961 mit seinen naturwissenschaftlichen Fachräumen, die neuen Sporthallen 1964, mehrere darauf folgende Sanierungsphasen. Die dabei erfolgten baulichen Erneuerungen symbolisieren auch die Verwissenschaftlichung des Unterrichts und die Professionalisierung des Schulsystems als Dienstleister der Gesellschaft seit den späten 60er- und in den 70er-Jahren. In Zuge dieser Neuorientierung bekam das Schwandorfer Gymnasium 1977 auch seinen neuen Namen: Wir sind seitdem ein Carl-Friedrich-Gauß-Gymnasium.

Uns blieben aus dieser Phase aber auch erhalten ein sehr nützlicher Mehrzweckraum und ein komfortabler, kinoartiger Theaterraum, den sonst keine mir bekannte Schule hat.

Der erste Computer tauchte am CFG übrigens 1983 auf. Die heute unverzichtbaren Computerräume folgten bald.

Es ist meiner Meinung nach tatsächlich so: Professionelle Orte motivieren Schüler und Lehrer zu professionellem Tun. Man kann die Wirkung solcher Räume gar nicht überschätzen.

Foto 6: Aus dem Archiv des CFG
Neubauten der letzten 10 Jahre

Und schon bin ich bei den letzten 10 Jahren: Schauen Sie sich um im schönsten Teil des Neubaus (Foto 7)! Was ist das Selbstverständnis dieser wunderbaren Aula? Sie sehen zum einen die Wertschätzung  der Bauherren für das, was hier in dieser Schule passiert. Dafür möchte ich mich bei den Verantwortlichen des Landratsamts, die heute hier bei uns sind, noch einmal herzlich bedanken.

Und Sie sehen einen Kommunikationsraum, der nach außen hinein in das städtische Umfeld wirken will. Und der tatsächlich auch wirkt – bei den vielen kulturellen Veranstaltungen, für die wir diese Aula nutzen. Sie ist aber nicht das einzige Highlight der Neubauphase.  Es gibt eine neue, sehr schöne Bibliothek, eine voll eingerichtete Mensa, einen stylischen Innenhof und einen wirklich gelungenen Verwaltungsneubau. Und auch dieser spiegelt Wertschätzung für diejenigen, die ihn ihm arbeiten. Ich wiederhole mich: Professionelle Räume motivieren zu professionellem Tun.

Letztlich trägt die teils ungewöhnliche, teils moderne Architektur unserer Jubilarin zu der wirklich angenehmen Atmosphäre unserer Schule und in unserer Schule bei.

Sie ist 80 geworden, aber nicht 80 Jahre alt!

Foto 7: Die Aula des CFG

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