Münchshofen. Ein kleiner Ort in der Nähe von Teublitz. Dort verbirgt sich hinter einer unscheinbaren, efeubewachsenen Fassade einer der wenigen weitestgehend im Originalzustand erhaltenen Schauplätze der Industriegeschichte der Oberpfalz. Von außen wirkt alles sehr überschaubar und unspektakulär. Dennoch stellt uns unser Führer die Schleif als “süchtig machend” vor. Bereits beim Betreten des Eingangslagers spüren wir nicht nur die Atmosphäre von hundert Jahren Industrietradition, sondern nehmen auch auch eine Rotfärbung unserer Schuhe wahr. Diese komme noch vom Polierrot, einem alten Mittel zum Polieren von Glas auf Basis von Eisenoxid. Es könne allerdings einfach wieder ausgebürstet werden. Damit sind gleich zwei unserer Fragen beantwortet. Weiter geht es durch das Erdgeschoss, wo uns ein Antrieb gezeigt wird, dessen Funktion sich uns erst später erschließen wird. Früher wurde dieser über ein Wasserrad an der Naab mit Wasserkraft versorgt, doch um bei Führungen durch die Schleif die Funktionsweise so anschaulich wie möglich zeigen zu können, übernimmt mittlerweile ein Elektromotor den Antrieb. Stolz legt der Führer einen Schalter um und überraschend lautlos setzt sich ein original erhaltener hölzerner Antriebshebel in Bewegung, der sich immer noch erstaunlich leise und reibungslos bewegt. Um uns den Zweck der eindrucksvollen Konstruktion zu erklären, folgt nach einem kurzen, aber aufschlussreichen geschichtlichen Vortrag der Aufstieg in den 2. Stock. Dort erwarten uns noch mehr Polierrot sowie eine große Zahl von Werkbänken. Hier wurden die angelieferten Rohglasscheiben auf ein Gips-Bett gelegt und poliert. Um uns zu zeigen, wie das vonstatten ging, wird wieder der Elektromotor in Gang gesetzt und einige Polierköpfe beginnen gleichmäßig über die Werkbänke hin und her zu schleifen. Das Glas damit möglichst durchsichtig zu polieren, damit es für Spiegel und Fenster verwendet werden konnte, war Aufgabe der Schleifer und Polierer. Diese arbeiteten damals im Schichtbetrieb, so dass die Maschinen nie still standen. Selbst an Feiertagen musste gearbeitet werden. Trotzdem waren die Arbeitsstellen begehrt. Die Schleif-Arbeiter selbst waren im Dorf jedoch nicht bei jedermann beliebt.
Im Münchshofener Schleif- und Polier-Werk wurden auch Aufträge für Spiegelmanufakturen im Raum Nürnberg-Fürth ausgeführt. Diese wiederum statteten beispielsweise die Titanic mit Spiegeln aus. Ob die Titanic nun wirklich mit Spiegeln aus Münchshofener Produktion gefahren ist, lasse sich zwar bisher nicht nachweisen, aber es sei sehr wahrscheinlich.
Zum Schluss führt uns Herr Pfeffer in das renovierte Dachgeschoss, wo uns noch einige Werkzeuge und Teile aus der Originalausstattung des Werks gezeigt werden. Als wir das Gebäude schließlich wieder verlassen, erscheint uns die Fassade gar nicht mehr so unscheinbar und unser Kursleiter, StR Matthias Haberl, hat uns einmal mehr bewiesen, dass auch unsere Region historische Highlights zu bieten hat, anhand derer man den Geschichts-Lehrstoff der Oberstufe (in diesem Fall die Industrialisierung) vor Ort erleben und begreifen kann.

Teilnehmer der Exkursion
Teilnehmer der Exkursion, Foto: privat

Felix Oberhansl, Q 12, Matthias Haberl

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